Vielfalt der Bäuerinnen zum Weltlandfrauen- und Welternährungstag 2024

Vier Bäuerinnen stellten heute in der LK OÖ sich selber und ihren Zugang zur Landwirtschaft vor:
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4 Frauen und die Landwirtschaft Vier Bäuerinnen stellten heute in der Landwirtschaftskammer sich selber und ihren Zugang zur Landwirtschaft vor: (v.l.) LK OÖ-Vizepräsidentin Rosemarie Ferstl, Seminarbäuerin Magdalena Mehringer, die Vorsitzende des Bäuerinnen-Ausschusses Johanna Haider und Milchbäuerin Veronika Minichberger. © LK OÖ
Der 15. Oktober ist alljährlich weltweit den Frauen in den ländlichen Gebieten gewidmet. Seit 2015 soll dieser internationale Tag für Frauen auf deren Bedeutung und ihren Beitrag zur Stärkung der Ernährungssicherheit hinweisen. Angelehnt wurde dieser an den Welternährungstag am 16. Oktober. Frauen sind auf den heimischen Betrieben für eine Vielzahl an neuen Betriebszweigen, zusätzlichen Einkommensquellen und Innovationen verantwortlich. In Oberösterreich werden rund 44% der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen bzw. in Ehegemeinschaften geführt. Vier unterschiedlichste Bäuerinnen und moderne Unternehmerinnen aus Oberösterreich stellen sich und ihren Zugang zur Landwirtschaft vor.
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Rosemarie Ferstl, Vizepräsidentin der LK OÖ Für Rosemarie Ferstl, Vizepräsidentin der LK OÖ, ist der bewusste Einkauf heimischer Lebensmittel ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft. © LK OÖ

LK-Vizepräsidentin Rosemarie Ferstl

Rosemarie Ferstl ist seit 2023 Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Sie stammt aus Perg und bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Ehemann Erwin einen Schweine- und Rindermastbetrieb im Nebenerwerb. Sie steht für Kommunikation auf Augenhöhe mit den Bäuerinnen und Bauern im Land aber auch mit den Konsumentinnen und Konsumenten. “Die österreichische Landwirtschaft ist trotz der vergleichsweise kleinen Betriebsgrößen und hohen Produktionskosten auch im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig. Das liegt vor allem an den zahlreichen Möglichkeiten für Nebenerwerb und Erwerbskombinationen. Unsere Stärke liegt in der Vielfalt und Qualität unserer Produkte. Ich bin immer wieder beeindruckt von den innovativen Ideen und Produkten unserer Bäuerinnen und Bauern. Unsere Betriebsführer zeigen große Aufgeschlossenheit und Neugierde und investieren viel Zeit und Energie in die Entwicklung neuer Produkte. Außerdem setzen sie sich intensiv mit neuen, bodenschonenden Produktionsmethoden auseinander, die Bodenleben und Klima schützen, sowie mit innovativen Ansätzen in der Verarbeitung und Vermarktung. Oft sind es Frauen, die hier als Vorreiterinnen agieren“, zeigt sich Rosemarie Ferstl begeistert.
 
Bewusster Einkauf stärkt die heimischen Landwirtschaft
 
“Im persönlichen Gespräch wird häufig der Preis für regionale Lebensmittel zur Diskussion gestellt. Mir ist es daher wichtig, dass die hohen Qualitätsansprüche an die österreichische Produktion noch stärker ins Bewusstsein rücken und dass wir uns im Klaren sind, dass nur mit einer starken heimischen Landwirtschaft die Versorgungssicherheit im eigenen Land gewährleistet werden kann“, gibt Ferstl zu bedenken.
 
Laut Statistik Austria erreichte in Österreich 2023 der Selbstversorgungsgrad - der angibt, inwieweit die heimische Produktion in der Lage ist, den inländischen Bedarf abzudecken - bei Fleisch 108%, bei Käse (inkl. Schmelzkäse) 117%, bei Eiern 90% und bei Butter 67%. Der Grad der Eigenversorgung erreichte bei Wein 102%, bei Getreide 88%, bei Erdäpfeln 86%, bei Gemüse 58%, bei Ölsaaten 57%, bei Obst 45% und bei pflanzlichen Ölen 35%. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, in welchen Bereichen Importe notwendig sind, um den Inlandsbedarf abdecken zu können. Rosemarie Ferstl betont: “Konsumentinnen und Konsumenten sind sich beim Lebensmitteleinkauf häufig unsicher, auf welche Qualitäts- und Herkunftsmerkmale sie achten sollen. Die klare Empfehlung lautet, Produkte mit dem AMA-Gütesiegel zu wählen. Dadurch unterstützt man nicht nur die heimische Landwirtschaft, sondern erhält auch die Garantie, ein österreichisches Produkt zu erwerben. Über 90% der Bevölkerung kennen das AMA-Gütesiegel und vertrauen zu Recht auf dessen Qualitätsversprechen.“
 
Bewusstseinsbildung bei Konsumentinnen und Konsumenten
 
“Laut Umfragen wünschen sich die Österreicher frische Biolebensmittel aus der Region, die auch das Tierwohl berücksichtigen. Doch Studien zeigen, dass das tatsächliche Kaufverhalten oft anders aussieht: Im Supermarkt greifen Verbraucher häufig zu günstigeren Produkten. Hier ist mehr Dialog innerhalb der Gesellschaft nötig, um das Bewusstsein zu schärfen und schon Kindern zu vermitteln, wie moderne Landwirtschaft funktioniert - und dass Milch nicht aus dem Tetrapack kommt oder von lila Kühen stammt. Zudem brauchen wir Zukunftsperspektiven für junge Menschen, die einen Hof übernehmen und als selbstbewusste, innovative Unternehmer in der Landwirtschaft tätig sein möchten“, plädiert Ferstl.
 
Als Vizepräsidentin ist Rosemarie Ferstl Mitglied der Vollversammlung, das höchste Gremium der Landwirtschaftskammer OÖ. Die Vollversammlung beschäftigt sich neben aktuellen agrarpolitischen Themen auch mit der strategischen Weiterentwicklung der Land- und Forstwirtschaft. Der Frauenanteil liegt derzeit bei etwa 29%. “Unser Ziel ist es, diesen Anteil zu erhöhen und die Stimme des Gremiums dafür zu nutzen, um sich noch stärker für bessere Rahmenbedingungen für die Arbeit der Frauen im ländlichen Raum einzusetzen“, so Ferstl.
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Sharepic Johanna Haider Wir sind engagiert Die ARGE Bäuerinnen pocht auf eine bessere Teilhabe von Frauen in agrarischen und politischen Gremien. © ARGE Bäuerinnen

Kammerrätin (KR) Johanna Haider

KR Johanna Haider, Vorsitzende des Bäuerinnenausschusses der LK Oberösterreich und Bäuerin in Engerwitzdorf, setzt sich für alle Bäuerinnen im Land ein und beschäftigt sich mit den vielfältigen Aufgaben der Frauen auf den landwirtschaftlichen Betrieben. “Für Bäuerinnen ist es wichtig, in den agrarischen Gremien gut vertreten zu sein und so ihren Einfluss auf den Höfen auch in der politischen Arbeit sichtbar zu machen. Eine Frauenquote von 30% in allen Organisationen und Gremien im ländlichen Raum ist unser Ziel“, so die engagierte Funktionärin.
 
Bundesweit sind alle Vertreterinnen der Bäuerinnen in der ARGE Bäuerinnen organisiert und haben gemeinsam strategische Ziele für ganz Österreich formuliert:
1. Wir, die ARGE Österreichische Bäuerinnen, sind DIE Stimme der Frauen in der Land- und Forstwirtschaft.
2. Wir setzen uns für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen auf unseren Familienbetrieben und im ländlichen Raum ein.
3. Wir schaffen Bewusstsein für unsere Lebensgrundlagen und vertiefen den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft.
4. Wir setzen uns für einen Frauenanteil von mindestens 30% in agrarischen und politischen Gremien ein.
5. Wir unterstützen Frauen in ihren vielfältigen Rollen.
 
Dies alles ist getragen von der Wertschätzung und dem Respekt gegenüber dem Individuum und der Natur.
 
Ratgeber “Plötzlich Bäuerin“
 
“In einem gemeinsamen Projekt mit der Abteilung Bildung und Beratung der Landwirtschaftskammer OÖ wurde ein Ratgeber für junge Frauen auf den Höfen gestaltet und so das Thema ‘Plötzlich Bäuerin‘ verständlich und umfassend aufbereitet. Frauen mit den unterschiedlichsten Grundberufen kommen heute auf unsere Höfe. Waren es vor 30 Jahren noch zehn Prozent, so haben heute 33% der Bäuerinnen keinen agrarischen Hintergrund. Vor allem in der Diversifizierung sind die Frauen die Vorreiterinnen auf den Höfen. Derzeit werden rund 44,3% der oberösterreichischen Betriebe von Frauen beziehungsweise in Ehegemeinschaften geführt“, betont die Vorsitzende der Bäuerinnen.
 
Kompetente und authentische Wissensvermittlung

Bäuerinnen setzen auf Weiterbildung: einerseits zur eigenen Kompetenzerweiterung und Persönlichkeitsentwicklung - dafür steht ein breit gefächertes LFI-Weiterbildungsangebot für alle Frauen auf den Höfen bereit. Zum anderen wird auch bei der gesamten Bevölkerung und insbesondere bei den Jungen auf Wissensvermittlung gesetzt, um Landwirtschaft verständlich und greifbar zu machen und Praxiswissen weiterzugeben. Auch in diesem Jahr besuchen die oberösterreichischen Bäuerinnen die Schulen im Rahmen von Aktionstagen. Für den städtischen Bereich finden in Linz und Wels die Tage der Landwirtschaft statt. “Häufig sind es die Bäuerinnen, die den Schülerinnen und Schülern den ersten Kontakt zur Landwirtschaft ermöglichen. In diesem Alter ist es besonders wichtig und wertvoll, Lebensmittel zu erklären und deren Bedeutung sichtbar zu machen, da viele Kinder keinen direkten Zugang mehr zur landwirtschaftlichen Produktion haben“, betont KR Johanna Haider.
 
“Die Bäuerinnen stellen aber nur den Auftakt für ein vielfältiges Weiterbildungsangebot an den Schulen dar“, ergänzt Haider und verweist auf das umfassende Angebot der Seminarbäuerinnen und auf die Internet-Plattform “Die Esserwisser“, eine Initiative und Plattform der Landwirtschaftskammer OÖ, die umfangreiches Ernährungswissen bietet. Auf www.esserwissen.at gibt es nicht nur Tipps zu vielen Lebensmitteln und deren Zubereitung, sondern auch speziell für Pädagoginnen und Pädagogen aufbereitete Informationen zu Ernährungstrends und Ernährungsmythen.
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Seminarbäuerin Magdalena Mehringer Seminarbäuerinnen wie Magdalena Mehringer erreichen ein breites Publikum mit ihrem Fachwissen über Lebensmittel, ihre Inhaltsstoffe und Zubereitung. © Privat

Seminarbäuerin Magdalena Mehringer

Magdalena Mehringer aus Alberndorf sieht sich mit ihrer Leidenschaft für regionale und saisonale Lebensmittel als Genuss-Botschafterin. Eine Seminarbäuerin zu werden, bedeutet auf der einen Seite Bäuerin zu sein und sich dann über den LFI-Zertifikatslehrgang dafür zu qualifizieren und sich ständig zu neuen Themen weiterzubilden. Als Lebensmittelproduzentin gibt sie mit viel Freude, höchster Kompetenz und fundiertem Fachwissen Auskunft über die wertvollen Inhaltsstoffe der bäuerlichen Produkte. In einer Vielzahl an praktischen Kursen bringt sie Konsumentinnen und Konsumenten die Zubereitung heimischer Lebensmittel näher und vermittelt ganz nebenbei die Grundsätze einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährung mit Genuss.
 
Das Image der heimischen Landwirtschaft auf diese charmante Art und Weise zu teilen, ist ihr sehr wichtig und neben den vielen Kochkursen ist sie daher auch auf vielen Messen und Veranstaltungen als Seminarbäuerin und Botschafterin für heimische Kulinarik unterwegs. Ein besonderes Anliegen sind ihr die Schulworkshops und Kinderkochkurse. “Direkt und nah bei den Konsumentinnen und Konsumenten von morgen zu sein, ist immer wieder eine Bereicherung. Dabei kann ich nicht nur mein Wissen weitergeben und gemeinsam mit den Kindern gute Lebensmittel genießen, sondern werde jedes Mal aufs Neue von ihrem Interesse am Essen und dessen Herkunft überrascht“, berichtet uns die leidenschaftliche Bäuerin aus Alberndorf.
 
Gerne kommen die Seminarbäuerinnen mit speziellen Workshops in die Schulen und Kindergärten und helfen so mit, einen Blick in die Landwirtschaft sowie in die Erzeugung und Verarbeitung regionaler Köstlichkeiten zu vermitteln. Es gibt ein breites Angebot, das sich sowohl an die Volksschule als auch an die Schülerinnen und Schüler der Unter- und Oberstufe richtet. Eine Besonderheit bilden die Cookinare. Die gelernte Meisterbäckerin weist auf das neue LFI-Cookinar ‘Krachfrisches Kleingebäck selber backen‘ hin. Ein Cookinar ist ein über das Internet durchgeführter Kochkurs, die Teilnehmenden können daheim aktiv mitkochen und jederzeit Fragen stellen. “Brot war schon immer meine Leidenschaft und so ist das neue Kochkursthema ‘Brot und Gebäck aus dem eigenen Backofen‘ jetzt schon mein geheimes Liebkind“, verrät uns Magdalena Mehringer.
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Veronika Minichberger Veronika Minichberger vermittelt auf ihrem Hof nicht nur Wissen, sondern Begeisterung für die Landwirtschaft. © Privat

Milchbäuerin Veronika Minichberger

Veronika Minichberger stammt selbst von einer Landwirtschaft, wollte aber nie Bäuerin werden. Am elterlichen Hof bekam sie mit, wie viel Arbeit ein Bauernhof mit sich bringt und wie wenig Zeit für Familie und Freizeit bleibt. Über die Liebe ist sie jedoch wieder in der Landwirtschaft gelandet und ist nun Milchbäuerin in Engerwitzdorf. Veronika arbeitet gerne mit Menschen zusammen, besonders die Arbeit mit Kindern bereitet ihr viel Freude. Nachdem sie bereits die Gruppen ihrer eigenen Kinder aus dem Kindergarten und der Volksschule auf den Bauernhof eingeladen hatte, wollte sie dieses Engagement erweitern und absolvierte den LFI-Zertifikatslehrgang “Schule am Bauernhof“.
 
“Viele Kinder kennen keine echten Bauernhoftiere mehr, auch wenn sie am Land aufwachsen. Sie haben noch nie eine richtige Kuh gesehen oder ein Schaf, geschweige denn es gestreichelt“, betont sie und bekräftigt so ihre Motivation, Schülerinnen und Schüler auf ihren Hof einzuladen. Mit ihrem “Schule am Bauernhof-Angebot“ bringt Veronika den Kindern einen respektvollen Umgang mit Tieren und den Alltag am Milchviehbetrieb näher. Unter dem Motto “Ich melke meine Milch selber“ kommen die Schulklassen zu ihr auf den Betrieb und erleben Landwirtschaft hautnah. Vom Kräutersammeln bis hin zur abschließenden Jause ist allerhand zu tun und zu erleben. “Es ist interessant, wie unterschiedlich die Kinder sind und wie viel Ehrgeiz sie entwickeln, wenn sie mithelfen dürfen. Ich möchte ihnen zeigen, dass diese Arbeit Spaß machen kann, genauso aber auch Verantwortung bedeutet“, betont die engagierte Bäuerin. Seit 2019 ist sie Anbieterin für Schule am Bauernhof und hatte bisher rund zehn Klassen pro Jahr bei sich am Betrieb und so in 38 Veranstaltungen rund 630 Schülerinnen und Schüler erreicht.