Experten empfehlen mehr Bildung für gesunden & nachhaltigen Lebensstil

Runder Tisch "Zukunft Ernährungsbildung": Konsumenten leisten enormen Beitrag zu nachhaltigem Ernährungs- und leistbarem Gesundheitssystem, brauchen dafür aber das nötige Rüstzeug.
Pressegespräch des Forum Ernährung heute am 21.06.2023
Pressegespräch des Forum Ernährung heute am 21.06.2023 v.l. Jürgen König (Universität Wien), Marlies Gruber (f.eh), Theres Rathmanner (Schule des Essens) © Screenshot
Das forum. ernährung heute (f.eh) verfolgt die Vision selbstbestimmter und eigenverantwortlicher Konsumentinnen und Konsumenten, die verantwortungsvoll Kauf-, Ess- und Lebensstilentscheidungen treffen. Umfragen belegen jedoch, dass Menschen grundlegendes Wissen und Kompetenzen fehlen, was sich negativ auf die Nachhaltigkeit in der gesamten Lebensmittel-Wertschöpfungskette, aber auch die Gesundheit und Food Waste auswirkt. Daher hat das f.eh den Runden Tisch "Zukunft Ernährungsbildung" ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Pädagogischen Hochschulen und Praxis wurden Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ernährungs- und Verbraucherbildung formuliert (können am Artikelende heruntergeladen werden), um das nötige theoretische Wissen und entsprechende Kompetenzen zu vermitteln. Diese wurden von Marlies Gruber (f.eh), Theres Rathmanner (Schule des Essens) und Jürgen König (Universität Wien) präsentiert. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Setting Schule. Im Fokus der Empfehlungen sind Ernährung und Bewegung im Unterricht und bei außercurricularen Angeboten, bei der Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen sowie bei Unterrichtsmaterialien. Im Sinne des lebenslangen Lernens werden zudem Ernährungsbildungsangebote in Theorie und Praxis für alle Altersgruppen empfohlen.

Zahlreiche politische Initiativen haben ein nachhaltiges Ernährungssystem, die Reduktion von Food Waste sowie eine Entlastung des Gesundheitssystems zum Ziel. Für den Beitrag der Konsumentinnen und Konsumenten und eine entsprechende Kompetenzvermittlung für einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil fehlen jedoch konkrete Maßnahmen. Wie diese aussehen könnten, hat das f.eh im Zuge von sechs Runden Tischen mit Vertreterinnen und Vertretern aus 13 Organisationen sowie der Schulpraxis diskutiert. Als Ergebnis wurden neun Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ernährungs- und Verbraucherbildung formuliert, die an die österreichische Politik adressiert werden.

Gruber: Mündige Menschen als gemeinsame Vision

Grundlage der Zusammenarbeit beim Runden Tisch ist ein gemeinsames Leitbild für eine zukunftsfähige Ernährungs- und Verbraucherbildung, das die Bereiche Wissen, Werten, Handeln, Genießen und Reflektieren umfasst. Demnach sollten junge Erwachsene über ein Grundlagenwissen über Lebensmittel, ihre Herstellung, die Ernährung, Umweltwirkungen und unterschiedliche Bewegungsarten verfügen. Das ermöglicht ihnen eine Einordnung und ein selbstbestimmtes Urteil als Basis für eigen- und solidarverantwortliches Handeln, Genussfähigkeit und -freude, Selbstwertgefühl, Reflexion und einen kritischen Medienkonsum.

"Eine ausgewogene und nachhaltige Ernährungsweise sowie ein generell gesunder Lebensstil führen zu positiven Effekten auf das individuelle Wohlbefinden und auf ökologischer, gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene. Grundlage ist eine zukunftsfähige Gestaltung bildungs-, gesundheits- und umweltpolitischer Prozesse und Strukturen. Damit baut man relevante Ernährungskompetenz auf und trägt zur Entwicklung einer selbstbewusst, reflektiert und verantwortlich handelnden Persönlichkeit sowie differenziertem Denken bei. All das sind Fähigkeiten, die in einer globalisierten, vernetzten und komplexen Welt mehr denn je von Nutzen sind“, so f.eh-Geschäftsführerin Marlies Gruber.

Die Schule ist unverzichtbarer Bestandteil einer zukunftsweisenden Grundbildung - v.a. unter Berücksichtigung der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). Zudem werden alle Kinder und Jugendlichen bis zum Ende der Pflichtschule erreicht, wodurch kompetenzorientierte, wissensbasierte ebenso wie (ess-)kulturelle Maßnahmen in die Familien getragen werden können.

König: Theorie & Praxis müssen sich ergänzen

Um das gemeinsame Zielbild zu erreichen, braucht es Aktivitäten inner- und außerhalb des Klassenzimmers, die sich gegenseitig ergänzen, so die Expertinnen und Experten. Zur Vermittlung des nötigen theoretischen Wissens und von Kompetenzen empfehlen sie, eine Ernährungs- und Verbraucherbildung verpflichtend als fachspezifischen Unterricht in der gesamten Sekundarstufe I (MS und AHS) einzuführen. "Das ermöglicht, fachtheoretische mit fachpraktischen Inhalten zu verknüpfen, wie das die Rahmenkonzepte zur Ernährungsbildung im D-A-CH-Raum sowie der neue Lehrplan Ernährung und Haushalt vorsehen. Es gibt allen Kindern und Jugendlichen unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund die Chance, Ernährungskompetenz zu erwerben“, betont Jürgen König vom Department für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien. "Damit erreicht man spürbare Effekte für das Ernährungs- und Gesundheitssystem.“

Eine fächerübergreifende Ernährungs- und Verbraucherbildung sehen die Expertinnen und Experten kritisch. Sie soll ergänzend unter bestimmten Bedingungen umgesetzt werden, wenn eine fachlich fundierte Grundausbildung der Lehrkräfte hinsichtlich Ernährungs- und Verbraucherthemen zugrunde liegt. "Hierfür sind kontinuierliche Fortbildungsmöglichkeiten für fächerübergreifenden Unterricht zu gewährleisten und Anreize für die Pädagoginnen und Pädagogen zu setzen“, so König.

Rathmanner: Optimale Rahmenbedingungen schaffen

Theres Rathmanner ist Initiatorin des ernährungsökologisch ausgerichteten Bildungsprojekts "Schule des Essens". Sie betont den enormen Nutzen von außercurricularen Angeboten und einem Unterricht außerhalb des Klassenzimmers, die regelmäßig stattfinden sollten: "Kochen, Essen und Genuss sprechen alle Sinne an, zudem braucht es das Wissen über die Herstellung von Lebensmitteln, um Wertschätzung zu erreichen. Das lässt sich in Schulgärten und -küchen sowie bei Exkursionen zu Bauernhöfen und Betrieben besser vermitteln. Auch ganztägige Schulformen bieten enormes Potenzial für solche Aktivitäten.“ Sie verweist dabei auch auf Bewegung als essenziellen Bestandteil eines gesunden Lebensstils.

Dazu braucht es jedoch fundierte, objektive, didaktisch zeitgemäß aufbereitete Materialien für den Fachunterricht und den fächerübergreifenden Unterricht sowie eine intensivere und ganzheitliche Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen der Elementar-, Primar- und Sekundarstufe sowie im Bereich der Freizeitgestaltung. Die Expertinnen und Experten empfehlen zudem eine adäquate Ausstattung der Schulen nach den vorliegenden Möglichkeiten mit Küchen, Gärten und Praxisräumen.

Teilnehmende Organisationen des Runden Tisches

  • forum. ernährung heute (f.eh, Initiator)
  • AMA-Marketing
  • Arbeitsgemeinschaft Haushaltsökonomie und Ernährung
  • Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen
  • Bundes-Sport GmbH
  • Department für Ernährungswissenschaften, Universität Wien
  • Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie
  • FH St. Pölten/Studiengang Diätologie
  • Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)
  • GMS Gourmet GmbH
  • Pädagogische Hochschulen Wien und Oberösterreich
  • Schule des Essens (SdE)
  • sowhat. Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen
  • Steirisches Ernährungskompetenzzentrum (STERZ)
Schule prägt Essgewohnheiten - es muss dort gelehrt werden! Schule prägt Essgewohnheiten - es muss dort gelehrt werden! © LKÖ/Archim Mandler

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