15. Bundestagung der Bezirksbäuerinnen: “selbst.bewusst.Bezirksbäuerin.sein“

Wiederwahl der Bundesbäuerin und Impulse zur Stärkung im Ehrenamt, bei der Sichtbarmachung eigener Themen - analog und digital -, sowie Bedeutung der Selbstfürsorge.
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Bundestagung der Bezirksbäuerinnen in Tirol 2025 © Victoria Hörtnagl für ARGE Bäuerinnen

Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger wurde im Vorfeld der 15. Bundestagung der Bezirksbäuerinnen (6. - 8. April 2025) in Mils (Tirol) für vier weitere Jahre in ihrer Funktion bestätigt. 105 Bezirksbäuerinnen, Bildungsreferentinnen und Gebietsbäuerinnen - die Führungsriege der Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen - tagten zum Thema “selbst.bewusst.Bezirksbäuerin.sein“. Fast die Hälfte der Anwesenden sind weniger als fünf Jahre in ihrer Funktion. Manche überhaupt erst seit Herbst 2024.

Trotz Betrieb, Diversifizierung, Kindern, Pflege und zahlreichen anderen Aufgaben engagieren sich die Frauen aus der Land- und Forstwirtschaft auch ehrenamtlich in der Arbeitsgemeinschaft Österreichische Bäuerinnen. Eine Bereicherung für die Gesellschaft und für sie selbst, aber gleichzeitig ein Engagement mit Herausforderungen, die es zu benennen und denen es zu begegnen gilt. Daher rührt auch das Tagungsmotto "selbst.bewusst.Bezirksbäuerin.sein“ - ein Leitsatz, der die Stärke und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellt. Vor dem Hintergrund der Umfrage “Was braucht die Bäuerin 2030?“, den wirtschaftlichen Unsicherheiten, dem gesellschaftlichen Wandel und den Klimaveränderungen - all das fordert die Frauen, die sich ehrenamtlich engagieren.

Die Bundesbäuerin stellt in ihrem Eröffnungsstatement fest, dass Selbstbewusstsein bedeutet, die eigenen Stärken zu kennen, Verantwortung zu übernehmen und mutig aufzutreten - als Frau, als Bäuerin, als Meinungsbildnerin. “Bezirksbäuerinnen gestalten nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch das gesellschaftliche Leben in ihren Regionen. Diese Rolle verdient Wertschätzung und Stärkung“, betonte Neumann-Hartberger. Wie wichtig diese Funktion ist, wird anhand des Zeitaufwandes deutlich. Laut einer Umfrage der FH Campus Wien investieren 66% der Bäuerinnen wöchentlich rund zwei Stunden in ehrenamtliche Arbeit. Dafür werden  Funktionärinnen als Gestalterinnen des ländlichen Raums und der Agrarpolitik gestärkt, den Mut zur eigenen Stimme zu fördern, politisches Verständnis zu vertiefen und neue Perspektiven zu eröffnen. Gemeinsam wurden bei der Tagung auch erste Ideen für das Internationale Jahr der Bäuerin 2026 entwickelt.

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21 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-21 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

Zechner: Methoden für eine gelungene Sitzungsleitung

Die Erwachsenenbildnerin Dr. Kathrin Zechner vermittelt mit ihrem Vortrag praxisnahe Methoden, sogenannte Nudges, zur aktiven und wirkungsvollen Sitzungsleitung. Der Fokus lag dabei auf einer wertschätzenden Begrüßung, der bewussten Eröffnung der Sitzung - etwa mit einer kurzen Stimmungsrunde oder einer persönlichen Frage - sowie auf interaktiven Reflexionsmethoden wie der Coaching-Skala oder der Luftballon-Methode.

Mit Übungen wie den Talentekarten, der Augenbinde oder der “Drei-Schweinchen-Methode“ wurde gezeigt, wie Sitzungen kreativ und motivierend gestaltet werden können. Ein gelungener Abschluss - etwa durch eine Silent-Finish-Runde - rundete das Methodenspektrum ab. Zechners zentrale Botschaft an die Teilnehmerinnen: “Sitzungsleitung ist mehr als nur Organisation - sie stärkt Gemeinschaft und Sinn für die gemeinsame Arbeit im bäuerlichen Raum.“

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30 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-30 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

“Darüber wollte ich schon immer mit der Bundesbäuerin reden“

Mit einem sehr persönlichen und offenen Rückblick gab Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger Einblicke in ihren beeindruckenden Werdegang: Von der Gebietsbäuerin-Stellvertreterin im Jahr 2004 über die Landesbäuerin bis hin zur Abgeordneten im Nationalrat. Ihre Erfahrungen aus der Agrarpolitik, ihre Sicht auf die Rolle der Frauen in der Interessenvertretung sowie ihre Einschätzung zu aktuellen Themen wie Landwirtschaft in Schulen, Herkunftskennzeichnung oder der Sichtbarkeit bäuerlicher Arbeit machten deutlich, wie wichtig engagierte Frauen in politischen und agrarischen Gremien sind.

Besonders betonte sie, wie wichtig es ist, langfristig zu denken, sich gut vorzubereiten und trotz Herausforderungen dranzubleiben - gerade auch für ZAMm-Absolventinnen. Ihr Appell: “Wir brauchen Frauen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich für die Landwirtschaft stark zu machen.“

Ein herzliches Dankeschön galt ihrer Wiederwahl zur Bundesbäuerin, auf deren kommende Amtszeit sie sich mit Freude vorbereitet.

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22 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-22 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

Leitner: Mein selbst.bewusster Auftritt als Bezirksbäuerin

Nicole Leitner teilte ihre Erfahrungen als Bezirksbäuerin - gespickt mit persönlichen Einblicken in ihre Rolle - in ihrem Pmpulsvortrag mit den Kolleginnen. Leitner betonte dabei besonders die Bedeutung der Selbstreflexion, einer klaren Vorbereitung und einer strukturierten Kommunikation - weg vom “Gulasch“-Reden hin zu gut portioniertem “Fingerfood“ - also kleine Informationshäppchen anstelle eines großen Vielerleis. Praktische Tipps wie der Einsatz von Moderationskarten, ein bewusster Auftritt sowie individuelle Strategien gegen Nervosität - etwa ein persönlicher Anker - rundeten ihren inspirierenden Beitrag ab. -> Hier die Unterlage mit weiteren Informationen!
 
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24 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-24 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

Das Internationale Jahr der Bäuerin 2026 - eine einmalige Chance

Christine Riepl erklärte die Hintergründe für das Internationale Jahr der Bäuerin 2026. Dieses  legt den Fokus auf Gleichstellung, Agrar- und Ernährungsthemen, wobei knapp ein Drittel der Betriebe in Österreich von Frauen geführt werden - ein Aspekt, der internationale Maßstäbe im Vergleich deutlich herausstellt. Geplant sind unter anderem Workshops in Kleingruppen, Seminare in allen Bundesländern, eine erneute Bäuerinnenstudie sowie umfangreiche PR- und Social-Media-Aktivitäten inklusive eines einheitlichen Logos, um Herausforderungen wie ungleiche Bezahlung und eingeschränkten Zugang zu Finanzdienstleistungen gezielt anzugehen.
 
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39 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-39 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

“ZAMm unterwegs“ - zukunftsorientiert, agrarwirtschaftlich, motiviert

Ines Jernej, verantwortlich für das LFI-Bildungsprojekt, präsentierte die Eckpunkte von “ZAMm unterwegs“, das seit 2007 für “zukunftsorientiert, agrarwirtschaftlich, motiviert“ steht und Frauen im ländlichen Raum stärkt sowie ihre Präsenz und aktive Beteiligung in agrarischen Gremien fördert. Herzstück ist der aus fünf modulen bestehende Zertifikatslehrgang, der Frauen umfassend für Funktionen in Vereinen, Verbänden und Gremien fit macht. Mit rund 40 Durchgängen und 540 Absolvent:innen ist es ein etabliertes Erfolgsmodell, zu dem es Tagesseminare u.a. für schwierige Gesprächssituationen, Stilfragen und Social Media gibt. Weitere Formate wie die Broschüre “Rechte der Frau in der Land- und Forstwirtschaft“, die Bildungsreihe “Bäuerinnen im Talk“ und die Initiative “Bäuerin sein - vielfältiger denn je!“ tragen zur Sichtbarkeit, Absicherung und Bewusstseinsbildung bei.

Ein besonderes Anliegen ist auch die “Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung“, der bereits 80 Organisationen beigetreten sind. Sie fördert partnerschaftliches Arbeiten, Netzwerkpflege und Sensibilisierung im agrarischen Bereich.
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7 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-7 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

“Schrei Kikeriki, wenn du ein Ei gelegt hast“

Dr. Ingeborg Rauchberger ist als Trainerin, Unternehmensberaterin, Coach, Verhandlungscoach, Keynote-Speakerin, Autorin und scharfzüngige Kabarettistin vielseitig aufgestellt und weiß um die Bedeutung von Kommunikation, Sichtbarkeit und Erfolgsstrategien. Mit ihrem Vortrag “Schrei Kikeriki, wenn du ein Ei gelegt hast“ zeigte sie, wie wichtig es ist, eigene Erfolge sichtbar zu machen. Mit pointierter Klarheit und einem humorvollen sowie tiefgehenden Blick auf Selbstmarketing und die Kunst, sichtbar zu werden, informierte und unterhielt sie die Teilnehmerinnen mit ihren Aussagen gleichermaßen.
 
 
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8 - 20250407_Bundestagung_Bezirksbäuerinnen-8 Bundestagung der Bezirksbäuerinnen 2025 © LKÖ-Viktoria Hörtnagl

Sichtbarwerden mit Social Media

Eine andere, in der aktuellen Zeit aber unerlässliche Art des Sichtbarwerdens, vertritt die Social Media-Expertin Bianca Blasl. Sie sprach darüber, welch zentraler Faktor die digitale Sichtbarkeit ist, um die eigenen Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. -> Hier geht es zu den Unterlagen!
 
Im Anschluss eine fünfteilige Videoreihe von Bianca Blasl, in der sie in die Welt der sozialen Medien eintaucht und genau erläutert, wie man diese als Werkzeug nutzen kann, wie Botschaften vermittelt werden, welche Tipps und Tricks es auf Social Media gibt und wie man mit Kritik im Netz umgeht.
 
Dialogisch - Wie Kommunikation in der Landwirtschaft funktioniert (Teil 1) © Bäuerinnen Österreich
Dialogisch - Deine Strategie für digitale Kommunikation (Teil 2) © Bäuerinnen Österreich
Dialogisch - Von Geschichten und Botschaften (Teil 3) © Bäuerinnen Österreich
Dialogisch - Tipps & Tricks (Teil 4) © Bäuerinnen Österreich
Dialogisch - Umgehen mit Kritik im Netz (Teil 5) © Bäuerinnen Österreich

Sind Selbstfürsorge und Gemeinschaftssinn vereinbar?

Dr. Barbara Juen, Professorin an der Uni Innsbruck und Gründerin des Kriseninterventionsteams, verdeutlichte, wie wichtig Selbstfürsorge im Ehrenamt ist und dass sie nicht nur durch individuelle Widerstandsfähigkeit und gezielte Erholungsstrategien gestärkt wird, sondern auch durch einen starken Teamzusammenhalt, der auf guter Koordination, einem tiefen Verständnis für die Organisationswerte und der bewussten Aktivierung persönlicher Ressourcen basiert. Gleichzeitig betonte sie, dass Selbstaufmerksamkeit, klare Abgrenzung und kreative Rituale essenzielle Werkzeuge sind, um den Wandel vom überhöhten Idealismus hin zu einem authentischen, sinnhaften Engagement nachhaltig zu meistern.

Ein Appell an Mut und Zusammenhalt

“Unsere Arbeit ist so wertvoll, weil wir nicht nur die Themen aufgreifen die unsere Betriebe bewegen - wir setzen sie um! Wir haben ein feinfühliges Sensorium für die Anliegen vor Ort, stehen für starke Netzwerke und verlässliche Partnerschaften, und wir verbinden die bäuerliche mit der nicht-bäuerlichen Gesellschaft“, betonte die wiedergewählte Bundesbäuerin. “Holt euch Kraft aus der Gemeinschaft, nutzt eure Stimme, sprecht Herausforderungen an, übernehmt Verantwortung! Bezirksbäuerinnen gestalten die Zukunft - für ihre Region, für die Landwirtschaft, für die Frauen in der Landwirtschaft.“
 
Zur Erinnerung erhielten die Teilnehmerinnen einen alten Schlüssel mit Spruch: “Ein Schlüssel steht für Verantwortung, Gestaltungskraft und neue Möglichkeiten. Als Bezirksbäuerinnen haben wir den Schlüssel in der Hand - für die Zukunft unserer Betriebe, für das Leben im ländlichen Raum und für eine starke Gemeinschaft. Und manchmal eben auch für eine Flasche."😉
Das Magazin des Maschinenrings "Frau.Land.Hof" ist in 4. Auflage und erstmals rein digital erschienen.

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