Schweigen ist nicht immer Gold

Gute Kommunikation macht vieles leichter und führt zu mehr Erfolg am Hof.
Gespräch
Gespräch © Anastasia Gepp auf Pixabay
Kommunikation kann Menschen verbinden oder trennen. Gerade bei engem Kontakt wie meist am Bauernhof kann schlechte Kommunikation sehr belasten. In diesem Artikel sollen Anregungen für direkte Gespräche zu mehr Leichtigkeit und mehr Erfolg am Hof beitragen.

SZENE 1: Anna, Milchbäuerin, schaut beim Fenster hinaus auf die Schwiegermutter, die den Hof überquert, und denkt dabei: "Wia de heit wieder dreinschaut! Und in da Früh hat‘s mi scho weg‘n ana Kleinigkeit im Stoi ang‘fahrn. Dabei bemüh‘ i mi eh so! So a Stimmung hoit i auf Dauer net aus. Da Franz muaß amoi a Machtwort red‘n!" Als Anna das am Abend ihrem Mann erzählt, meint der: "Wos du immer host! D‘Mama hot g‘sogt, dass ihre Kreuzschmerzen heit ganz schiach wor‘n."

Hier passiert Fehlinterpretation wegen fehlender Kommunikation. Wahrscheinlich gibt es auch Erfahrungen, die Anna so interpretieren lassen. Bewertungen helfen uns, Menschen und Situationen rasch einzuordnen. In der Familie als Kreis der engsten und vertrauten Menschen kann Fehlinterpretation destruktiv sein. Mit der Abwertung der Eltern des Partners/ der Partnerin werten wir indirekt auch ihn/sie ab und befeuern damit Loyalitäts- und Partnerschaftskonflikte.

Wenn ich wissen will, was beim Gegenüber los ist, gilt es störende Verhaltensweisen m glichst neutral anzusprechen. So z. B. könnte Anna die Schwiegermutter fragen: "Ich erlebe dich heute sehr gereizt. Gibt es einen Grund dafür? Betrifft es auch mich?“

Schweigen ist nicht Gold, sondern oft der Anfang vom Ende einer guten Beziehung. Ein Gesprächsabbruch ist die Höchststrafe im menschlichen Zusammenleben. Uralte Ängste vor einem Ausschluss werden aktiviert und jede Wertschätzung wird entzogen. Bleiben Sie im Gespräch! Auch wenn es z.B. bei heftigen Konflikten schwerfällt, erhalten minimale Umgangsformen wie ein "Guten Morgen!", ein "Bitte" und "Danke" zumindest die Basis für eine Wende zum Besseren.

Um die Beziehung zu erhalten, muss man sich aber auch nicht alles gefallen lassen. Wichtige Bedürfnisse sollen nicht hinuntergeschluckt werden. Aber wie sagen? Dazu einige Tipps:
  • Trenne Mensch und Problem:
Das ist die zentrale Haltung des Harvard-Konzeptes als bekanntes Verhandlungsmodell. Versuchen Sie immer die Achtung vor dem Gegenüber zu bewahren und von den aktuellen Problemen zu trennen. Das ist spürbar, weicht Widerstände auf und öffnet den Raum für Lösungen. Ein "Weich zum Menschen" ermöglicht, "hart in der Sache" bleiben zu können.

  • Stille Post ist ein Kinderspiel:
Auch wenn es anders oft leichter scheint: Suchen Sie das direkte Gespräch! Jede Kommunikation über Partner, Kinder, Geschwister oder Eltern verwässert die Aussagen und bringt die "Briefträger" in Loyalitätskonflikte. Viele, die solche Rollen übernehmen, fühlen sich im Lauf der Zeit wie zwischen Mühlsteinen aufgerieben. "Frau zwischen Mann und Sohn" und "Mann zwischen Mutter und Frau" sind da häufig gespielte Dramen am Hof. Daher gilt es, diese anfangs gut gemeinte Position zu verlassen und damit auch das direkte Gespräch der Betroffenen zu ermöglichen.

  • Weg vom Vorwurf - hin zum Wunsch:
SZENE 2 : Ilse, Weinbäuerin, am Freitag in der Früh, als er sagt, dass er wegen einer überraschend angesagten Kundschaft heute Abend nicht mit zum Musikschulkonzert der Tochter kommen könne: "Du denkst immer nur an den Betrieb - alles andere is da wurscht!" Er darauf: "Ober unser Lebensstandard is da scho recht! Mein Einsatz dafür sieg‘st a ned!" Beide sind verärgert.

Kennen Sie auch solche oder ähnliche Botschaften wie: "Du bist immer unzuverlässig, verschwenderisch, schlampig, unerfahren …" oder "du hörst nie zu!" Wie geht es Ihnen, wenn Sie mit Vorwürfe konfrontiert werden? Ändern Sie sich dadurch, oder werden Sie eher abblocken und sich rechtfertigen? Vorwürfe beziehen sich auf Vergangenes, erzeugen Widerstand und verursachen Gegenangriffe. Versuchen Sie stattdessen das, was Sie brauchen, als Wunsch zu formulieren. Im Beispiel könnte das so geh‘n: Sie: "I wünsch‘ ma, dass du Familientermine in Zukunft ernst nimmst - auch gegenüber Kunden!" Er: "Klar, ober i hätt‘ hoit a gern, dass du a mein Engagement mehr siehst und schätzen kannst." Mit so einer Gesprächskultur verraucht Ärger schneller und Vereinbarungen für die Zukunft sind leichter möglich.

  • Konkret statt allgemein:
Mit den Wörtern "immer" und "nie" schieße ich mit Kanonen genereller Abwertung auf die Spatzen aktueller oft kleiner Ärgernisse. Der Misserfolg des Gesprächs ist garantiert. Bleiben Sie beim konkreten Ereignis und beim konkreten Wunsch für die Zukunft.

  • Druck erzeugt Gegendruck:
Wünsche sind keine Forderungen. Druck bringt selten das, was wir möchten, sondern meist Gegendruck. Ultimaten sind ein sicheres Mittel, um weiter zu eskalieren. So wie Kälber sich nicht am Strick aus dem Stall ziehen lassen, reagieren auch Menschen eher auf gutes Zureden, sanftes Anschieben und Anerkennung.

Gute Kommunikation ermöglicht gute Beziehungen, erleichtert das Zusammenleben und macht Betriebe erfolgreicher. Das Projekt "Lebensqualität Bauernhof" bietet Seminare an, die bei der Persönlichkeitsentwicklung helfen können. Rufen Sie uns am Bäuerlichen Sorgentelefon unter 0810/676 810 zum Ortstarif an. Hier können Sie über Ihre Situation reden, hier wird Ihnen zugehört - und das alles in einem geschützten Rahmen. Infos auf www.lebensqualitaet-bauernhof.at.